Donnerstag, 2. Juni 2016

Radtour nach Südtirol, 08/1992

Mein altes Puch Bergmeister hatte den Geist aufgegeben und mein frisch restauriertes Cinelli Riviera war mir zu Schade. Ein solides Tourenfahrrad brauchte ich. Und ich wurde auch schnell fündig: im Sperrmüll fand ich einen Dusika-Rahmen. Die stabile gemuffte Ausführung überzeugte mich, allerdings sah der Rahmen furchtbar aus. Der Lack war an vielen Stellen abgescheuert, unter dem Tretlager war auch bereits Rost zu sehen. Als schliff ich den Rahmen kurzerhand ab und lackierte ihn neu. Auch wenn die Ausführung nicht ganz perfekt war, so sah der Rahmen auf den ersten Blick sehr schick aus. Rot und gelb waren die Rohre lackiert, es fehlte nur noch die komplette Ausstattung. Zu diesem Zweck wurde das Puch Bergmeister ausgeschlachtet und tief in der Teilekiste gewühlt. Nach ein paar Tagen hatte ich das Fahrrad komplett aufgebaut und die erste Probefahrt machte Mut. Das Rad furh sich genauso bequem wie seine beiden Vorgänger, am Lenker waren spezielle Weinmann-Bremsgriffe mit Umlenkhebeln montiert. So konnte ich auch gut bremsen, wenn ich den Lenker oben hielt. Fürs Gepäck montierte ich einen stabilen Gepäckträger aus Stahl, sowie 28mm breite Reifen. Der ersten Tour stand so nichts mehr im Wege. Von St.Valentin ging es am ersten Tag durch ganz Oberösterreich zu meinen Grosseltern nach Ranshofen. Dort half ich ein paar Tage beim Hausbau und setzte meine Tour dann in Richtung Süden fort. Von Ranshofen ging es übers Deutsch Eck bis kurz nach Bruck an der Glocknerstraße. Unmittelbar vor der Mautstelle übernachtete ich dort in einem Heuschober, um am nächsten Morgen die Fahrt über den Grossglockner in Angriff zu nehmen. Ein früher Start war nötig, da der Verkehr im Sommer sehr stark ist. Ich schaffte die Fahrt über den Pass noch, bevor der grosse Ansturm begann. Weiter ging es noch am selben Tag über den Iselsberg bis nach Osttirol. Dort schlug ich auf einer Wiese bei Lienz mein Zelt auf. Am nächsten Tag stand die Fahrt über den Stallersattel nach Südtirol auf dem Programm. Angekommen im Pustertal wurde ich von grosser Hitze überrascht und legte am Nachmittag eine längere Pause ein. Erst am späten Nachmittag nahm ich die Fahrt auf den Plätzwiesensattel in Angriff. Trotz der grossen Hitze schaffte ich den Anstieg sehr gut und übernachtete auf der Passhöhe in einer Holzhütte. Dabei hatte ich eines nicht bedacht: ich hatte das bunte Fahrrad vor der Hütte abgestellt. Das Fahrrad erweckte die Neugierde der Almkühe, die die ganze Nacht um mein Fahrrad herumstanden. Das Gebimmel der Kuhglocken hat mir damals den Schlaf geraubt. Schlaftrunke fuhr ich am nächsten Morgen weiter und musste nach kurzer Fahrstrecke erkennen, dass die südseitige Abfahrt des Plätzwiesensattels nicht wirklich fahrradfreundlich war. Nach ein paar Kilometern Schotterstraße geriet ich auf einen Wanderweg, der an einigen Stellen durch umgefallene Bäume und Muren blockiert war. Aus der morgendlichen Abfahrt war nichts geworden, stattdessen musste ich das Fahrrad immer wieder schieben und teilweise sogar auf den Schultern tragen. An diesem Tag erwartete mich noch eine anstrenge, aber schöne Fahrt. Vorbei an klaren Bergseen ging es über den Misurinapass, Tre-Croci-Pass, Falzarego, Passo Giau bis ins Tal.....Obwohl viel verkehr war, waren die Dolomitenpässe einfach zu fahren. Die Höhenunterschiede zwischen den Pässen sind nicht besonders hoch, die Steigungen übersteigen nie die 10% und sind daher mit einer Übersetzung von 39/28 sehr leicht zu bewältigen. Im ...tal gab es eine weitere Übernachtung – stilvoll wie immer – in einer Holzhütte. Kurz nachdem ich es mir im Heu bequem gemacht hatte, werde ich plötzlich durch ein Geräusch aufgeschreckt. Ein Alfa Spider hatte sich direkt neben der Hütte eingeparkt, der Fahrer stieg aus und pflückte auf der Wiese vor der Hütte einen Strauß Wiesenblumen – ob er wohl noch ein Date hatte?

Auch am nächsten Morgen wurde ich durch Motorengeräusche geweckt. Der Bauer hatte seinen Balkenmäher gestartet und wollte gerade Sprit tanken, als er mein Fahrrad sah. Anfangs war er etwas überrascht, dass ich in seiner Hütte übernachtetet, aber als Radfahrer ist man in Italien gerne gesehen. Obwohl es sprachliche Barrieren gab, genossen wir unser Frühstück gemeinsam in der Morgensonne. Auch der kommende Tag wurde heiß. Ein harte Brocken war der Passo......ein Pass ohne Kehren, dafür mit kontinuierlich starker Steigung. Die nachmittägliche Hitze machte Probleme, ich musste immer wieder anhalten und pausieren und fand nie den richtigen Rhythmus. Nach einer langen Bergfahr erreichte ich die Passhöhe und entschied mich, hier oben mein Zelt aufzubauen und eine kühle Nacht zu genießen. Ein Bauer bot mir Platz hinter seinem Hof an, trank mit mir ein Glas Wein und verabschiedete sich mit den Worten „Gute nacht, ich muss morgen früh aufstehen und Schweine melken“ (!?). Ich startete den nächsten Tag, ohne Milch und Käse gekostet zu haben und begab mich wieder auf den Weg. Die letzte Etappe führte mich über den Karerpass, Sterzing über den Brenner. Der Brennerpass kam mir nach den anstrengenden Passfahrten der letzten Tag vor wie ein kleiner Hügel. Nach der Passkontrolle ging's im Eiltempo hinunter nach Innsbruck, von wo ich die Rückreise mit der Bahn antrat.

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