Montag, 8. Oktober 2018

Puch Replica - unterschätzter Ladenhüter?

Bei klassischen Puch Rennrädern fällt einem zuerst das Ultima ein, dann Klassiker wie das Vent Noir, das Royal Force, Superleicht, Inter 10, Marco Polo und die diversen Mistral-Varianten von A bis SLE. 
Aber das Puch Replica? Ich kann mich noch erinnern an den Puch - Katalog: damals rangierte das Replica in der Hierarchie gleich nach dem Ultima und Superleicht. Aber selbst in meiner aktiven Zeit sah ich nie eines auf der Strasse. Vielleicht lag es am unglücklichen Namen, an der unspektakulären Lackierung, der damals schon etwas in die Jahre gekommenen Gran-Sport-Ausstattugn oder schlichtweg am Preis: 15.000 Schillinge waren nicht gerade günstig für ein Fahrrad mit einer relativ unmodernen Ausstattungsgruppe. Aber gerade die Campagnolo Gran Sport hat es mir angetan. Auf meinen Cinelli Riviera ist eine Gran Sport Schaltgruppe und eine Kurbelgarnitur montiert. Das Zeug funktioniert auch nach 50 Jahren noch wie am ersten Tag. Und das ist wahrscheinlich auch das Speziell an diesen Komponenten: Die Campagnolo Gran Sport Komponenten wurden nicht auf Leichtbau getrimmt. Sie sind einfach aufgebaut, leicht zu warten und robust. Leicht sind sie nicht, da viele Teile aus Stahl sind und sie wirken vom Design her etwas hausbacken und grobschlachtig. 
Trotzdem hat mich das Rad, das im Internet angeboten wurde, gereizt. Auf den Bildern wirkte es schon ein wenig verwahrlost und verbastelt - beim Zerlegen gab es noch einige böse Überraschungen. Das Rad wurde offenbar wenig gefahren, aber es wurden sehr viele Reparaturen unfachmännisch durchgeführt. Schrauben, die man fest anziehen soll, ließen sich ohne Werkzeug mit der Hand herausdrehen, Schrauben, die man mit etwas Gefühl anziehen soll, waren derart angeknallt, dass ich sie teilweise ausbohren musste. Die Laufräder waren schlecht zentriert und total verspannt, einige Speichen waren nicht gekreuzt. Tretlager und Steuersatz waren so fest angezogen, dass sie sich nur schwer drehten. Lenker, Sattelstütze, Pedale und Laufräder waren irgendwann mal getauscht worden und nicht wirklich passend. Als Sattelstütze war eine 40cm lange Mountain-Bike-Sattelstütze verbaut, die fest im Rohr steckte.
Das Rad wurde erstmal komplett zerlegt, alle Lager gereinigt, neu gefettet und eingestellt. Passende Laufräder, ein passender Lenker, Sattelstütze und Campagnolo Gran Sport Bremsgriffe wurden besorgt und montiert.
Die Seilführung am Oberrohr war vom Vorbesitzer einfach aufgezwickt worden, sie wurde wieder zurechtgebogen und die Spalten mit Flüssigmetall versiegelt.
Auch wurden sämtliche Seile erneuert, die Kette gereinigt und geschmiert und neue Bremsklötze montiert. Einzig und allein am Rahmen wurden keine grösseren Veränderungen vergenommen. Da der Rahmen komplett verchromt ist, waren keine Rostschäden vorhanden. Der Lack wurde von mir so belassen, wie er war, Scheuerstellen und Kratzer wurden nicht ausgebessert. Es erfolgte lediglich eine Reinigung und Politur des Rahmens und der wneigen Chromstellen. 
Das Rad sieht nun aus, wie ein 40 Jahre altes Rad. Ich wollte es nicht überrestaurieren, wichtig ist mir ein technisch einwandfreier Zustand mit gut laufenden Lagern, einer funktionierenden Schaltung und zuverlässigen Bremsen.
Nach zwei Wochen ist es nun fertig - es sieht fast aus wie im Katalog - und es fährt sich wie am ersten Tag. Die Lager laufen geschmeidig, die Schaltung funktioniert problemlos und die Bremsen ziehen gut und gleichmässig. 
Ein unspektakuläres, aber hochwertiges und robustets Rad, das wahrscheinlich noch einmal 40 Jahre ohne grössere Probleme überdauert...
Puch Replica, Rahmenhöhe 57cm, Reynolds 531, Campagnolo Gran Sport
Campagnolo Gran Sport Schalthebel, am Gabelkopf und an exponierten Stellen sieht man Chrom

Campagnolo Gran Sport Kurbel 53/42

Die Gran Sport Schaltung wirkt antik und hausbacken, ist aber nahezu unverwüstlich

Gran Sport Bremszangen

Puch Steuerkopfschild

ein Brooks Sattel ist besser als der originale Sattel










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