Mittwoch, 15. Juni 2016

Originalzustand versus Bastelrad

Unter Oldtimerfreunden wird immer über den "Originalzustand" diskutiert. Bei Autos  und Motorrädern ist dieser recht klar umrissen, da es gewisse Konfigurationen gibt, in denen die Fahrzeuge ab Werk ausgeliefert werden. Auch bei Fahrrädern gibt es diese Konfigurationen. Auch bei Herstellern, die Kompletträder anbieten, gibt es solche Konfiguartionen. Puch z.B. hatte unterschiedliche Modelle im Angebot, die mit speziellen Komponentengruppen ausgestattet waren. Das Vent Noir wurde z.B. ab Werk mit Shimano Dura Ace ausgeliefert, das Ultima ab Werk mit Campagnolo Super Record. 

Originalzustand:

Fahrräder im Originalzustand bekommt man auch heute noch. Sehr oft sind dies Fahrräder von Liebhabern, die immer auf die Erhaltung des Originalzustands bedacht waren und auch bei Defekten mit Originalteilen nachgerüstet haben. Hin und wieder bekommt man auch Räder, die kaum gefahren wurden und somit über die Jahre keine Verschleiß unterlagen. In diesem Fall muss man trotzdem beachten, dass sich die Qualität einiger Teile über die Jahre verschlechtert und man diese Teile austauschen muss, auch wenn mit dem Rad nicht gefahren wurde. Betroffen sind vor allem Gummiteile (Reifen, Bremsgriffüberzüge, Bremsklötze, Dichtungen), die im Laufe der Zeit hart und spröde geworden sind. Aber auch Lager sollten nach längerer Standzeit kontrolliert werden, da sich die Fette verfestigen können.
KTM Strada S in weitgehend unverbasteltem Originalzustand.

Fahrräder im Einsatz:

Rennräder und Tourenräder, die viel im Einsatz sind, sind kaum im Originalzustand zu erhalten. Wie bei anderen Rennfahrzeugen wurden die Rennräder an die jeweiligen Bedingungen angepasst. Reifen, Übersetzung, Kurbeln, Lenker, Laufräder...diese Teile werden oft vor dem Renneinsatz individuell an die Anforderungen adaptiert. Früher wurde noch mehr geschraubt, da man z.B. hinten nur 5 oder 6 Zahnkränze zur Verfügung hatte und die Abstufung an die jeweilige Streckenführung angepasst wurde. Manche Fahrer wechselten auch die Lenker und die Tretkurbeln, je nachdem, ob im Flachland oder auf den Bergen gefahren wurde. Im Renneinsatz kam es auch immer wieder zu Unfällen. Die Rahmen blieben da meist heil, während Bremsgriffe oder Lenker verbogen wurden und ausgetauscht wurden. Viele Räder wurden auch modernisiert. Rahmen, Sattel und Lager blieben weitgehend gleich. In den 80er und 90er Jahren wurde aber zunehmend auf die Errungenschaften der modernen Technik Augenmerk gelegt: Indexschaltung, Sicherheitspedale, innenverlegte Seilzüge - neue Technik förderte den Komfort, die Schnelligkeit und die Sicherheit. 

Cinelli Riviera, ausgestattet für den grossen Toureneinsatz

Eigenaufbauten:

Viele Rennfahrer und Fahrradliebhaber bauten ihre Fahrräder selbst auf. Auf einem bestehenden oder neu gekauften Rahmen wurde ein individueller Mix aus unterschiedlichen Komponenten montiert. Dieser Mix kann im Hinblick auf Komfort oder Gewichtsersparnis erfolgen oder einfach dem Geschmack des jeweiligen Fahrers entsprechen. Auch ich fahre bei meinen Rennrädern einen Mix aus unterschiedlichen Komponenten. Bei älteren Fahrrädern ohne Indexschaltung ist dies in den meisten Fällen problemlos möglich. Shimano Bremshebel lassen sich problemlos mit Miche Bremszangen kombinieren, Ein Campagnolo Schalthebel ohne Index kann auch eine Shimano Schaltung bedienen. 

Eigenaufbau Cinelli Supercorsa, Campagnolo Chorus

Bastelräder: 


Aber nicht immer muss ein Umbau oder Eigenaufbau glücklich und geschmackvoll erfolgen. Im Internet werden immer wieder grausig verbastelte Rennräder zum Verkauf angeboten. Oft sind es gute Stahlrahmen, die für den Einsatz in der Stadt "adaptiert" wurden. Hochgezogene Lenker, Gepäckträger, Fahrradständer und Schutzbläche wurden montiert, ein breiter Sattel und eine dilletantisch montierte Lichtanlage lassen kein sportliches Feeling aufkommen. Solche Fahrräder sind oft günstig zu bekommen und mit ein wenig Zeitaufwand sind diese Räder schnell in ein sportliches Rennrad umgewandelt. Bei manchen Angeboten lohnt einfach ein zweiter Blick.

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